Alfred Lindemann
St. Barbara, eine volkstümliche Heilige
Schutzpatronin der Berg- und Hüttenleute
Auch in Oberhausen gibt die heilige Barbara ein
Leitbild unserer Tage
Seit Bestehen des christlichen Abendlandes ist
Barbara ein Name, der gerne vergeben, aber auch gerne angenommen wird. In alten
Schriften, historischen Abhandlungen, auf Friedhöfen und in fast allen Städten
findet man den Namen "Barbara" in irgendeinem Bezug zum christlichen Brauchtum.
Die Verehrung der heiligen Barbara muß einen Grund haben
Die
heilige Barbara gehört seit vielen hundert Jahren zu den beliebtesten Heiligen,
sowohl der römisch-katholischen als auch der griechisch-orthodoxen Kirche. Weite
Schichten des Volkes hatten und haben noch heute großes Vertrauen zu ihr. Die
bedeutendsten Künstler aller Zeiten haben sie in edelster Weise verherrlicht.
Aus der griechischen Sprache übertragen heißt sie die "Fremde".
Was man aber über ihre Herkunft, ihr Leben und
Martyrium weiß, ist nicht gerade viel, teilweise sogar ungenau, ja
wahrscheinlich sogar falsch, denn in der Volksvorstellung ist Wahrheit und
Dichtung nicht mehr oder nur sehr schwer von einander zu trennen. Frühzeitig hat
sich die Legende der heiligen Barbara angenommen und sie zu einer sagenhaften
Gestalt im Volksglauben werden lassen. Auch die Forschung, die sich mit ihr
immer wieder beschäftigt hat, konnte das Geheimnis um sie nicht lüften, und man
ist genötigt, die alte Legende wieder zur Hand zu nehmen und zu erzählen.
Die Barbara-Legende, die in zahlreichen
griechischen und lateinischen Handschriften überliefert ist, hat gegen Ende des
ersten Jahrtausends in ihren Grundzügen eine feste Form angenommen. Das soll
aber nicht heißen, dass die Verfasser der Handschriften nicht trotzdem ihrer
Phantasie den weitesten Spielraum ließen, wenn es darum ging, die heilige
Barbara aus diesen oder jenen Gründen in einem besonderen Licht erscheinen zu
lassen.
Eine der beliebtesten Barbara-Legenden ist die
sogenannte "Goldene-Legende" (Legende aurea) des Erzbischofs von Genua Jacobusa
Voragine (gest. 1298) hat zahlreichen Künstlern besondere Anregung für ihre
Barbara-Darstellungen gegeben. Es ist festzustellen, dass nur wenige Heilige in
der bildenden Kunst eine so große Rolle spielen wie die heilige Barbara. Aus dem
Reigen bedeutender Barbaradarsteller ragen heraus:
Tilman Riemenschneider, Lucas Cranach, Albrecht
Dürer, Hans Holbein, Stefan Lochner, Raffael,
Peter Paul Rubens oder Jan van Eyck.
Die Barbara-Legende
Der "Goldenen-Legende" liegt folgende Wiedergabe
zugrunde:
Nikomedia, im Altertum die Hauptstadt von
Bithynien im nördlichen Kleinasien, heute Izmit, wurde vom römischen Kaiser
Diokletian zu einer Residenz ausgewählt. Regiert wurde die Stadt von Maximian,
der als resoluter Christenverfolger in die Geschichte eingegangen ist. Hier
lebte damals um 300 n. Chr. ein heidnischer Grieche aus herrschaftlichem Hause
mit Namen Dioscorus. Bekannt war er durch den Überfluß hochbedeutender Güter. Er
hatte nur eine einzige, bildhübsche Tochter, Barbara, die er über alles liebte
und vor jeglicher Berührung mit der Welt zu bewahren versuchte, nicht zuletzt,
um sie den Einflüssen der Christenlehre zu entziehen. Er bemerkte sehr wohl,
dass ihr der heidnische Kult zuwider und sie dem Gott der Christenheit mehr
zugetan war als den heidnischen Göttern. So befahl Dioscorus einen Turm zu
bauen, den er seiner Tochter als Wohnung zuwies und den sie während seiner
Abwesenheit nicht verlassen durfte, damit sie von keinem Menschen gesehen würde.
Alles womit er sie erfreuen konnte, gab er ihr. Er ließ sie von den besten
Lehrern unterrichten und sorgte auch sonst für jegliche Bequemlichkeit. Doch
diese Abgeschiedenheit veranlasste Barbara zum Nachdenken über die Welt und
ihren Schöpfer. Die Freiheit ihres Geistes entzündete in ihr die Sehnsucht nach
der Erkenntnis des wahren Gottes.
Auch lebte zu jener Zeit in der Stadt
Alexandrien ein gelehrter Mann, namens Origines. Vom ihm ging die Kunde,
weiseste der Männer, dessen Beredsamkeit die ganze Erde durchdringe, mit echten
Als Barbara trotz aller Weltabgeschiedenheit von
Origines hörte, gelang es ihr, Kontakt mit ihm aufzunehmen und teilte ihm mit:
"Von der Zeit an, da ich denken konnte, habe ich von ganzem Herzen begehrt, zu
der Erkenntnis des wahren Gottes zu gelangen, und ich habe lange nachgedacht
und gefunden, dass in Bildnissen aus Holz, Stein und Metall keine Gottheit
gleichen kann, denn so schön sie auch sein können, sie bleiben leblos."
Origines teilte ihr mit von der Dreieinigkeit
und Dreifaltigkeit Gottes sowie vom ewigen Leben, das die erwerben, die um
Christi willen unter Martern ihr Leben lassen. Zugleich sandte er einen Lehrer
mit Büchern zu Barbara, den sie mit größter Verehrung aufnahm und ihrem Vater
gegenüber als einen in der Heilkunst erfahrenen Alexandriner ausgab. Dioscorus
gestattete seiner Tochter, mit diesem Gelehrten Gespräche zu führen. In
Wirklichkeit war dieser Mann der Priester Valentinus, von dem sie Belehrung über
die Dreifaltigkeit und über Christi Taufe erhielt. Aus Ehrfurcht gegenüber Gott
Vater, Sohn und dem Heiligen Geist ließ sich Barbara während einer längeren
Reiseabwesenheit ihres Vaters von Valentinus taufen und zu den zwei Fenstern des
Turmes ließ Barbara ein drittes anbringen. Sie nahm stetig zu an den
Erkenntnissen der göttlichen Weisheiten.
Als Dioscorus zurückkehrte und die Umwandlung
seiner Tochter bemerkte, verfinsterten sich plötzlich seine Züge. Danach
befragt, warum sie ein drittes Fenster habe einbringen lassen, antwortete
Barbara: "Die drei Fenster erleuchten den ganzen Menschen, denn drei sind es
auch, die die Welt erleuchten und der Sterne Lauf regeln, nämlich der Vater, der
Sohn und der Heilige Geist." Über diese Antwort zunächst erschrocken, ermahnte
sie Dioscorus liebevoll, von der Torheit abzulassen und sich den alten Göttern
wieder zuzuwenden. Zur damaligen Zeit wurden die Christen in den Ländern unter
römischer Herrschaft überall grausam verfolgt. Sie galten als Feinde des
Staates, auf die Zugehörigkeit zum Christentum standen tödliche Strafen. Doch
alle Vorhaltungen blieben ohne Erfolg. Die Götterbilder waren im Turm schon
durch Kreuze ersetzt. Barbara sagte ihrem Vater freimütig, dass sie nunmehr
Christin sei und die heidnischen Götter und Gebilde von Menschenhand verachte.
Sie sei entschlossen, Christus allzeit zu dienen.
Dioscorus geriet in Zorn und wollte seine
Tochter auf der Stelle mit dem Schwert durchbohren. Barbara ergriff die Flucht,
ein Fels öffnete sich und gewährte ihr Zuflucht. Der Vater jedoch entdeckte sie.
Barbara sollte vor dem Präfekten Marcianus dem neuen Glauben abschwören.
Erbarmungslose Geiselung konnte sie nicht im Glauben erschüttern. In der Nacht
erschien ihr im Verlies Christus, für den sie gelitten hatte und befreite sie
von ihren Wunden. Den qualvollen Martern sollte schließlich die Hinrichtung
durch das Schwert folgen. Es war ihr eigener Vater, der zum Henker wurde. Er
schlug seiner Tochter den Kopf ab. Dioscorus mußte diese Freveltat jedoch gleich
büßen. Unter Donner wurde er vom Blitzstrahl getötet.
Soweit die "Goldene-Legende" über die heilige
Barbara.
Neben dieser Fassung gibt es eine weit jüngere
Überlieferung, die in Beziehung zum Bergbau steht. In dieser Legende wird das
Geschehen in die alte Bergbaustadt Laurion in Griechenland verlegt. Wegen ihres
christlichen Glaubens auf der Flucht vor ihrem heidnischen Vater, fand Barbara
Zuflucht bei den Bergleuten von Laurion, die ihr in der Grube Schutz gewährten.
Doch beim Hochsteigen zum Licht aus dem Haspelschacht fiel sie den Häschern des
Vaters zum Opfer und wurde vom eigenen Vater enthauptet. Ihr letzter Wunsch soll
gewesen sein, es möge Gott durch sie all denen beistehen, die sich unvorbereitet
einem plötzlichen Tod gegenüber sehen.
Die römisch-katholische Kirche gibt ihr
Todesjahr mit 306 n. Chr. an und sie soll in Nikomedia beigesetzt sein. Den
Festtag der heiligen Barbara begeht die Kirche am 4. Dezember. Zahlreiche
Kirchen auf der ganzen Welt besitzen Reliquien von ihr, ja sogar einige (u.a.
Monte Catini Alto, Toscana/Italien) den Schädelknochen.
Ausbreitung der Barbaraverehrung
Ausgehend von Nikomedia in der nordwestlichen
Türkei breitete sich die Barbaraverehrung tendenziell mit der Ausbreitung des
Christentums aus. Die ältesten erhaltenen Barbarakirchen stehen in Kairo (5.
Jh.) und in den Höhlen nahe der türkischen Stadt Göreme (7. Jh.).
Von Kleinasien aus gelangte dann die
Barbara-Legende, und damit auch der Barbara-Kult, auf das europäische Festland
nach Konstantinopel. Eine besondere Ausbreitung erfuhr die Barbaraverehrung
durch die abendländischen Kreuzzüge zur Eroberung des Heiligen Landes. Die
rückkehrenden Kreuzritter brachten die Barbara-Legende mit nach Mitteleuropa, wo
sie noch heute bei den Soldaten (Artilleristen) hoch in Ehren steht. Über
Spanien und Portugal, wo sie noch heute zu den bekanntesten, großen
frühchristlichen Frauen zählt, kam sie zur Zeit der Konquistadoren in die neue
Welt nach Süd- und Nordamerika.
Als im 14. Jh. die Pest über Europa hereinbrach
und viele Menschen eines plötzlichen, unvorbereiteten Todes starben, wurde sie
schnell, aufgrund ihrer Fürbitten, zur Schutzfrau der Sterbenden. Unter den
Nothelfern in der Schar der vierzehn Heiligen gehört sie zu den schillerndsten
Figuren, woraus hervorgeht, welch hohe Bedeutung das Volk der großen Märtyrerin
beimaß.
Die Beliebtheit der heiligen Barbara wird
besonderes deutlich, weil sie aufgrund ihres Martyriums von zahlreichen Berufen
und Organisationen zur Schutzheiligen auserwählt wurde.
Im Zuge der frühmittelalterlichen
Reliquienverehrung (die Reliquie einer heiligen Person, zumal wenn sie noch als
Märtyrer anerkannt wurde, war für jede Kirche eine kaum vorstellbare
Kostbarkeit) wurde sie schon im 10. Jh. am Niederrhein bekannt. Schon 1161 wurde
das erste Barbarakloster in Trier beurkundet. Das erste Barbarapatrozinium im
Archidiakonat Xanten ist im Xantener Barbaraaltar von 1263 nachgewiesen. Bis ins
17. Jh. sind zahlreiche Barbarapatronate an niederrheinische Klöster, Hospitäler
und Gemeinden übergegangen.
Heute ist eine weltweite Verehrung der heiligen
Barbara als vielfältige Schutzpatronin und Nothelferin festzustellen, wie Photos
von Barbaradarstellungen und Namensgebungen aus vielen Ländern bestätigen.
In der Darstellung und Abbildung ist die heilige
Barbara nicht nur als Einzelperson, sondern häufig mit vielen anderen Heiligen
an Altären, Sakramentsstelen, Grabstätten und in Bezug zu ihrem Patronat zu
finden.
Erkennbar ist sie an einigen Attributen, die
sich auf die Legende beziehen.
Wie gibt sich die heilige Barbara zu
erkennen?
Turm mit drei Fenstern
in Bezug zur göttlichen Dreifaltigkeit.
Schwert
zum Zeichen des Martyriums durch das Schwert.
Kelch und Hostie
für eine gute christliche Sterbestunde.
Palmzweig
als Hinweis des Sieges und des ewigen Lebens in
der Herrlichkeit Gottes.
Krone
als Zeichen des Sieges über das Martyrium.
Buch
zum Ausdruck des herrschaftlichen Hauses.
Oft ist auch der Kopf ihres Vaters, Dioscorus,
zu Füßen gelegt.
In südlichen Ländern ist sie auch schon mal mit
dem Blitz dargestellt.
Oft sieht man auch Barbara mit dem Turm mit
ihrer Glaubensschwester, der heiligen Katharina mit dem Folterrad.
St. Barbara als Schutzpatronin
Für Gewitter,
Brand, Sturm und Unwetter Für Kranke, besonders in
Hospitälern
Für Schutz vor
einem plötzlichen unbußfertigen Tod
Für Sterbende, die nach der letzten Wegzehrung verlangen
Für Bewahrung vor
weiblichen Brustkrankheiten Für Chirurgen und Apotheker
Für Mineure,
Tunnelbauer und Erdölarbeiter
Für Berg- und Hüttenleute gegen die Gefahr ihres Berufes
Für Feuerwerker,
Raketenmacher und Sprengmeister
Für Seeleute im Sturm und Gefangene im Kerker
Für Kanoniere,
Artilleristen und Büchsenmacher Für Glöckner, Glocken- und
Kanonengießer
Für Totengräber,
Maurer, Dachdecker Für Zimmerleute und
Architekten
Für Tuchhändler,
Buchhändler, Lederarbeiter
Die heilige Barbara als Schutzpatronin der Bergleute
Dass die Berg- und Hüttenleute die Heilige aus
Nikomedia mit Vorliebe verehren, ist landläufig bekannt. Ihre Wahl als
Bergbau-Schutzheilige steht eng im Zusammenhang mit dem allgemeinen Patronat
Barbaras gegen einen plötzlichen unbußfertigen Tod, den gerade der Bergmann in
seinem gefahrvollen Beruf unversehens erleiden kann. Wo der Brauch der
Barbara-Verehrung zuerst entstanden ist, lässt dich gegenwärtig nicht eindeutig
feststellen. Die Tradition tendiert in die Silber-Bergbaugegenden von Freiberg
in Sachsen und Kuttenberg in Böhmen. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht für
Kuttenberg. Schon der gotische Barbaradom (Bauzeit 1388 bis 1585) dieser alten
Silberstadt ist damals um eine bestehende Barbarakapelle herumgebaut, in der die
von den Hussiten vertriebenen Bergleute ihren Gottesdienst abhielten. Die
heilige Barbara wurde mehr und mehr von den Bergleuten als ihre Schutzfrau und
Fürbitterin angenommen und verdrängte somit die älteren, gebietsweise erkorenen
Schutzpatrone wie den hl. Andreas im Harz, Mutter Anna im Erzgebirge, den hl.
Joachim in Böhmen. In Österreich vertrauten die Bergleute auf den hl. Wolfgang
und den Daniel. In Schlesien mit den Bergbaubezirken Oberschlesien und
Waldenburg nahm die heilige Barbara schon immer einen festen Stammplatz ein. Der
dort im 12. Jh. beginnende und im 16. Jh. aufblühende Bergbau ist seit jener
Zeit bis in die heutige Gegenwart allein von der heiligen Barbara begleitet. In
dieser Region hat sich der Barbara-Tag am 4. Dezember zu einem der bedeutendsten
Feiertage im Jahresablauf entwickelt und nirgendwo wird dieser Tag so
eindrucksvoll begangen wie gerade dort.
Nach der Mitte des 19. Jh. begann der
Arbeiter-Zuzug aus Ostpreußen und Oberschlesien. Als Kulturgut religiösen
Bekenntnisses brachten gerade die Oberschlesier die Barbara-Verehrung mit ins
Ruhrgebiet, wo der Barbaratag wieder mehr Eingang in das bergmännische Brauchtum
fand und der heiligen Barbara in der katholisch-christlichen Heiligenverehrung
eine größere Bedeutung zukam. 1886 wird in Bottrop als erste polnische
Organisation der katholische Verein "St. Barbara" von 48 oberschlesischen
Bergleuten gegründet. Flächendeckend folgten weitere polnische St.
Barbara-Vereine u.a. in Bochum und Gladbeck. Gleichzeitig stellten sich auch
viele katholische Knappen- und Arbeitervereine unter den Schutz der Heiligen
Barbara.
Dass die Hüttenleute die gleiche Tradition zur
Barbara besitzen wie die Bergleute, ist zweifelhaft. Da aber der Bergbau und die
Hütten meist einen gemeinsamen Standort hatten und als Erzeugergemeinschaft eng
miteinander verbunden waren, traf Erfolg und Misserfolg den Bergmann wie den
Hüttenmann. So wurden auch Feste und Feierlichkeiten gemeinsam begangen, und man
saß beim Barbara-Umtrunk einträchtig beisammen. Daher ist es nicht
verwunderlich, dass sich auch die Braunkohlenbergleute und die Ölbohrer den
Fürbitten und dem Schutz der heiligen Barbara anvertrauten.
Das Ruhrrevier gab der heiligen Barbara ein neues Zuhause
Der 4. Dezember ist nach wie vor für die
Menschen im Ruhrrevier ein Gedenktag besonderer Art. Da die heilige Barbara im
Laufe der Zeit wohl zur populärsten Schutzpatronin der Berg- und Hüttenleute
geworden ist und das Patronat mit keinem anderen "Bergheiligen" teilen muß und
dazu noch bei den Kriegsveteranen und Soldaten in hohen Ehren steht, aber auch
noch eine Schutzheilige für viele Menschen in besonderer Not bedeutet, wird ihr
Tag zum Festtag im Ruhrgebiet. In jedem zweiten Jahr feiert der Bischof von
Essen mit Bergleuten und mit allen Menschen, die sich mit der heiligen Barbara
verbunden fühlen, einen festlichen Gottesdienst in seiner Domkirche.
Knappenchöre, Werksorchester, Fahnenabordnungen der Knappen- und Arbeitervereine
bekunden ihre Verbundenheit. Eine Erkundung in den Pfarrgemeinden des Bistums
Essen ergibt, dass in den meisten durch die Geschichte des Bergbaues und der
Industrie geprägten Gemeinden eine unübersehbare Präsenz bildlicher
Darstellungen der heiligen Barbara vorzufinden ist. In einer Vielfalt von
Stilisierungen leuchtet sie aus zahlreichen farbigen Kirchenfenstern. In vielen
Altären ist sie als Beschützerin integriert. Als Statue oder Relief ist sie in
klassischer oder moderner Form in vielen kirchlichen und profanen Räumen
anzutreffen. Bei der Namensgebung für Straßen, Schulen, Krankenhäuser,
Apotheken, Schiffe und insbesondere durch das Patronat von Kirchen ermöglicht
die Barbaraverehrung einen religiösen Zugang.
Barbarafeiern: Arbeiter- und Knappenvereine -
Berg- und Hüttenfeste - Bergberufsschule und Bergschule
Artillerievereine -
polnische Heimatvereine - und Schachtanlagen mit besonders dem Bergbau
verbundenen Pfarrgemeinden.
In den Diözesen der Bundesrepublik bestehen über
160 Pfarreien mit Barbarapatrozinien. Die meisten liegen im Bistum Trier (21)
und Paderborn (20). Auch die (Bergbau-) Bistümer Aachen (12) und Essen (11) sind
gut bestückt.
Das Bistum Essen umfaßt 10 Pfarreien mit
Barbarapatrozinien (wobei die nächsliegende in unserer Stadt Oberhausen auf der
Königshardt beheimatet ist). 1 Kapelle, 2 Krankenhäuser, 3 Schulen, 24 Apotheken
und 30 Straßen tragen den Namen der heiligen Barbara. Nebenbei steht der Name
"Barbara" noch heute auf der Hitliste der Namensvergebung weit vorne.
Barbara in
Oberhausen
Barbarakirche auf der Königshardt seit 1906
Barbarastraße im Rolandviertel in Bezug zur
ehemaligen Zeche Roland (1852-1928)
Barbaraapotheke, Ecke Holtener Straße/Postweg
Barbarafenster in der Liebfrauen-Klosterkirche
auf der Schwarzen Heide
1961 von O. Peters, Bottrop
Barbarastatue in der Barbarakirche, Königshardt
1962 wohnte ein spanischer Gastarbeiter
gegenüber dem Pfarrhaus von St. Barbara in Schmachtendorf. Er mußte feststellen,
dass die heilige Barbara hier, wie auch in seiner Heimatstadt Huelva im
südlichen Spanien, als Schutzpatronin verehrt wird. Mit einigen anderen
Landsleuten bat er seinen Staatschef General Franco um ein persönliches Geschenk
in Form einer Barbarastatue für die Königshardter Kirche. Das historische
Geschenk General Francos wurde am Fronleichnamstag 1963 durch den damaligen
spanischen Botschafter Exz. Marques aus Bonn in Begleitung seines Generalkonsuls
und der beiden Botschaftsattaches vor der z. Z. noch stehenden Notkirche
feierlichst übergeben. Ein Zeichen dafür, dass die heilige Barbara in ihrer
Verehrung sogar völkerverbindliche Bedeutung haben kann.
Barbarafenster in der Tür zum Pfarrbüro St.
Barbara
Barbaratuch (Batikarbeit) im Vorraum zur
Privatwohnung von Stadtdechant Breithecker, St. Barbara
Barbarastatue in der St. Pankratiuskirche,
Osterfeld
Messgewand der Priester von St. Pankratius,
Osterfeld
Barbarastatue vor der
ehemaligen GHH Hauptverwaltung an der Essener Straße
Sie wurde 1959 von den
Hüttenwerken Oberhausen an den Bildhauer Rudolf Agricola in Kronberg im Taunus
in Auftrag gegeben. Die Figur misst 2,80 Meter, und mit Sockel aus einem Stück
3,30 Meter. Der helle Kalkstein-Rohblock wurde im Grüntgensteinbruch im Allgäu
an einem Stück herausgeschlagen. Die besondere Härte war eine Vorbedingung an
den Bildhauer.
Seit der Aufstellung 1960
steht sie zwischen der ehemaligen Hauptverwaltung der Gutehoffnungshütte und der
ehemaligen des Bergbaus.
Aus hellem Kalkstein
geschlagen, schreitet sie ruhig voran, ein schlichtes Gewand bedeckt sie bis zum
Boden, zwei feste Spangen halten den Überwurf, ihre rechte Hand hält den Kelch
des Trostes und der Gnade - wie eine Insel der Ruhe und Zuflucht in der Hast des
Verkehrs, im Getriebe des Alltags.
So verbindet sich die hl.
Barbara ganz besonders mit Oberhausen, der ehemaligen Stadt der Bergleute, der
Hüttenarbeiter, der Maschinenbauer.
Drathflechtwerk im ehemaligen
Direktionsgebäude der Zeche Sterkrade
Ehemalige Barbaraglocke St.
Clemens Sterkrade. Während des Krieges eingeschmolzen.
GHH Hafenschlepper "Barbara"
Seit 1914 gab es im
GHH-Rheinhafen Walsum ein Bugsierschiff "Barbara". 1959 wurde die alte "Barbara"
durch einen neuen Schlepper "Barbara" ersetzt. Taufpatin war Barbara Reusch,
älteste Tochter von Kommerzienrat Paul Reusch.
Seit der Reform der
kirchlichen Liturgie 1969 ist auf Vorschlag der römischen Ritenkongregation der
Festtag der heiligen Barbara im Festkalender der katholischen Kirche nicht mehr
aufgeführt. Die deutsche Bischofskonferenz hat jedoch angesichts der
Barbaraverehrung, vor allem in den Diözesen mit Bergbaurevieren, im Sinne
christlichen Brauchtums und einer Idealvorstellung weiterhin regionalbezogen
ihre Verehrung mit päpstlicher Billigung beibehalten.
Barbarabräuche
Vielerorts im Rheinland und im Ruhrgebiet ist noch der Brauch lebendig, am
Barbaratag Kirschzweige zu schneiden und in warmes Wasser zu stellen. Blühen sie
zur Weihnachtszeit, ist das für den Bauern ein Zeichen für eine gute Ernte im
kommenden Jahr.
Auch hatten die Zweige für heiratsfähige Mädchen eine besondere Bedeutung, zeigt
die Zahl der blühenden Knospen doch an, ob sich bald ein Freier einstellen
würde, und ob diese jung, reich und angenehm sei. In einigen Regionen ist sie
eine Alternative zum hl. Nikolaus. In der Nacht zum 4. Dezember werden den
braven Kindern Leckereien in die von ihnen selbst sauber geputzten Schuhe
gesteckt.
Schlußbetrachtung
Nur wenige Heilige spielen in der bildenden Kunst eine so große Rolle wie die
heilige Barbara. Neben den herausragenden Kunstwerken bedeutender Künstler in
den letzten 10 Jahrhunderten gibt es eine unübersehbare Zahl von oftmals
künstlerisch wertvollen und sehenswerten Barbaradarstellungen in ungeahnten
kirchlichen und profanen Bauwerken sowie in religiösen als auch weltlichen
Unterkünften und natürlich auch in Privatbesitz. Es lohnt sich diesbezüglich auf
Entdeckungsreise zu gehen.
Abgesehen von der künstlerischen Bedeutung der Darstellung und dem Wert, sollte
man sich die Frage stellen: Passt die heilige Barbara noch in das heutige
Weltbild?
Die Antwort wird sich jeder selbst geben müssen.
Die durch geistige Enge verursachten Ängste des Mittelalters sind heute
verschwunden. Dafür wächst bei vielen Menschen die Furcht vor einer ungewissen
Zukunft. Allgemein wird man sich mehr und mehr des fortschreitenden
Traditionsverlustes bewusst. Können uns in dieser von Unruhe und Hektik
geprägten Arbeitswelt nicht jahrhundertalte Traditionen einen festen Halt geben?
Dem Wandel der Zeit entgegen steht St. Barbara mit ihrem Mandat des Glaubens
immer noch unter uns.
Unter den vielen Hilfesuchenden, die dieser Tradition verbunden sind, finden
sich viele moderne, nüchterne und geschäftsbezogene denkende Menschen. Auch sie
verehren St. Barbara als Helfer- und Mittlerin oder auch einfach symbolisch als
charismatische Leitfigur. Häufig geschieht dies sogar ohne konfessionelle
Beziehung, aber mit der Gewissheit, mit dem Erfahrungsschatz vieler
Vorgängergenerationen verbunden zu sein. Die Rückbesinnung auf dieses mythische
Faustpfand kann uns helfen, den Blick für die Wirklichkeit zu öffnen und
hoffnungsvoller in die Zukunft zu schauen.
Man sollte davon ausgehen, dass, wenn der Kult einer Heiligen weit mehr als ein
Jahrtausend überdauert und von vielen Menschen als glaubwürdig gepflegt wird,
ein historischer Kern der Legende zugrunde liegt.
Möge auch weiterhin die heilige Barbara die Berg- und Hüttenleute unserer
heimischen Industrieregion vor Unheil und Unfällen bewahren und ihnen beistehen.
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